01 Frühgeschichte
Mittelsteinzeit, ca. 9600–5500 v. Chr.
Die früheste, bisher nachweisbare Besiedlung Usters reicht in die sogenannte Mittlere Steinzeit (Mesolithikum) zurück. Damals lebten nomadisierende Jäger und Sammler an den Ufern des Greifensees. Von ihren saisonalen Lagerplätzen haben sich leider nur noch die zerstörungsresistenten, kleinen Steinwerkzeuge aus Silex – dem Stahl der Steinzeit – erhalten. Lagerplätze dieser Zeit konnten beispielsweise in Riedikon und in Niederuster-Geeren nachgewiesen werden.
Jungsteinzeit, ca. 5500–2200 v. Chr.
In der Jungsteinzeit wurden die Menschen erstmals sesshaft, bauten Feldfrüchte an und züchteten Haustiere wie Rind, Schwein, Schaf und Ziege. Voraussetzung dafür war der aktive Anbau von Getreide und der gesteigerte Ernteertrag. Auch die Erfindung des Rades reicht in die Jungsteinzeit zurück. Während der Zeit der «Pfahlbauten» (ca. 4300–2200 v.Chr.) gab es am Greifensee zahlreiche Uferdörfer. Aber auch das Hinterland war nicht unbesiedelt, wie verschiedene Einzelfunde aus dem Gemeindegebiet von Uster zeigen. In der Bucht von Riedikon konnten die Reste mehrerer Uferdörfer aus der Zeit um 3700 und 3000 v. Chr. nachgewiesen werden. Der ausgedehnte Siedlungsplatz an der Halbinsel Store in Greifensee ist sogar Teil des UNESCO-Welterbes «Pfahlbauten».
Bronzezeit, ca. 2200–800 v. Chr.
Mit der Entdeckung der Bronze – einer Legierung aus Kupfer und Zinn — übernahmen die Metalle allmählich die Rolle der Steinwerkzeuge. Es war dies die Geburtsstunde einer neuen Epoche. Während der Bronzezeit bildeten sich die ersten gesellschaftlichen Eliten heraus. Die Menschen der Bronzezeit lebten an den Ufern der grossen Seen, legten im Hinterland aber auch zahlreiche Gehöfte an. Eine grössere Siedlung der Spätbronzezeit wird im Uferbereich von Riedikon vermutet. Die letzten Spuren eines mittelbronzezeitlichen Gehöftes wurden beispielsweise in den 1980er Jahren in Oberuster beim Bau der Autobahn entdeckt.
Eisenzeit, ca. 800–15 v. Chr.
Um 800 v.Chr. wurden Gegenstände aus Eisen zusehends populärer. Die eisenzeitliche Gesellschaft wurde nach wie vor von den gesellschaftlichen Eliten der Spätbronzezeit dominiert. Die bestehende Gesellschaft entwickelte sich also kontinuierlich fort. Ein befestigter Herrschaftssitz der frühen Eisenzeit existierte beispielsweise auf dem Üetliberg, hoch über Zürich. Auch auf dem Lindenhof beim Ausfluss der Limmat aus dem Zürichsee existierte gegen Ende der Eisenzeit ein sogenanntes Oppidum, also ein stadtähnliches Zentrum mit Handwerksbetrieben etc. Grabhügel im Buchholz und Flachgräber in Winikon bezeugen, dass Uster auch während der Eisenzeit besiedelt war. Siedlungsspuren haben sich aber nicht erhalten, obgleich der Burgberg für ein Oppidum hervorragend geeignet gewesen wäre. Archäologisch wurde er aber nie ernsthaft untersucht.
Römerzeit, 50 v. Chr. bis ca. 400 n. Chr.
Ausser Streufunden gibt es aus Uster keinerlei archäologisch gesicherte Hinterlassenschaften einer römischen Siedlung, sei es eine Villa Rustica (Bauernhof) oder gar ein Vicus (Dorf bzw. Kleinstadt). In der Vergangenheit wurden immer wieder Gerüchte laut, der Ortsteil Wil in Niederuster gehe auf eine römische Villa zurück. Römische Mauerreste wurden jedoch keine entdeckt. Heute geht man davon aus, dass hier nie ein römisches Gebäude stand.
Nichtsdestotrotz existieren aus Uster eine Vielzahl römischer Streufunde, die Mehrheitlich im 19. Jahrhundert dokumentiert wurden und von denen viele bis heute erhalten geblieben sind. Darunter sind Streufunde, die in keinen klaren Zusammenhang zu bringen sind, da die Fundumstände nur ungenügend dokumentiert wurden. Dazu gehören römische Münzen, die auf dem Kirchhügel beim Bau der heutigen Kirche gefunden oder in Privatgärten aufgetaucht sind. Wichtigster Streufund ist der Ustermer Merkur, eine römischen Bronzestatue wahrscheinlich aus dem 2. Jahrhundert n.Chr. die bereits 1676 bei Bauarbeiten an den Fundamenten des heutigen Gemeindehauses Kreuz wieder ans Tageslicht geriet. Heute ist die Figur im Landesmuseum Zürich ausgestellt, eine Kopie befindet sich im Stadthaus in Uster. Aber auch der Merkur besitzt keine Fundzusammenhang und man kann nur spekulieren, warum er gerade hier gefunden wurde. Immerhin ist er über 300 Gramm schwer. Interessanter wird es, die übrigen Funde zu betrachten, die in einem grösseren Konvolut römischer Provenienz entdeckt und beschrieben wurden. Drei Schwerpunkte bilden sich dabei heraus.
- Im Büel in Nänikon, auf einem Geländesporn an der Zürichstrasse. Hier wurden Münzen und Architekturfragmente entdeckt, aber auch Mauerreste beschrieben. Das deutet relativ stark auf die Villa eines römischen Gutshofes hin, der aufgrund der Münzen mindestens auf das Ende des dritten Jahrhunderts datiert werden kann.
- Die Kiesgrube in Riedikon. Hier wurde wohl der Abfall einer römischen Schmiedewerkstatt gefunden. Er besteht aus Eisenresten, Nägeln und Münzen. Die vermutete Werkstatt dürfte Unweit vom Fundort entfernt gelegen haben. Auch hier denken die Fachleute inzwischen recht bestimmt auf die Existenz einer Villa Rustica.
- Das sog. Römer-Brünneli im Wald bei Wermatswil. Bei dieser Waldquelle wurden ebenfalls im 19. Jahrhundert und später, 1931 bei Nachgrabungen, Mauerreste und sogar eine grosse Badewanne gefunden, die heute allerdings verschollen ist. Auch die Mauerreste sind heute vollständig verschwunden, ihre Steine wurden in den Jahren geraubt. Eine Interpretation ist heute schwierig, weil von den Funden nichts mehr da ist. Aber auch hier gab es eine römerzeitliche Installation, die als Quellfassung für einen weiteren Gutshof oder auch als Quellheiligtum interpretiert wird.
Zusammenfassend lässt sich nunmehr sagen, das Uster für die Römer kein Niemandsland war, wie das lange in der Forschung angenommen wurde, sondern sondern von mindestens einem Gutshof, vielleicht sogar zweien auf dem heutigen Gemeindegebiet besiedelt war. Somit passt sich auch Uster gut ins römisch recht dicht besiedelte Zürcher Oberland ein: Die nächst gelegenen römischen Siedlungsspuren sind als Gutshöfe in Seegräben, Fehraltorf-Speck, Volketswil, Wetzikon-Kempten (Gutshof und Rasthof), Oetwil am See und Irgenhausen bei Pfäffikon (Ende des 3. Jahrhunderts zum Kastell umgebaut) archäologisch nachgewiesen.