17 Erster Weltkrieg (1914 bis 1918)

Ein gewollter Krieg
Eine gewaltige Zäsur bedeutete der Ausbruch des ersten Weltkrieges im August 1914. Doch wie überall in Europa wurde die Dimension des bevorstehenden Konflikts auch in Uster unterschätzt. Die Menschen rechneten mit einem Waffengang von höchstens ein paar Monaten, weswegen keine Nahrungsvorräte angelegt worden waren. So gingen die meisten ohne Sorgen und Bedenken an die Grenzverteidigung. Bald zeigten sich erste Probleme: Ausländische Arbeiter wurden von ihren Regierungen zurück ins Heimatland gerufen. Baustellen mussten vorübergehend eingestellt werden, so etwa die Umbauten am Sekundarschulhaus Freiestrasse. Auch fehlten die zum Grenzdienst abgezogenen Männer an vielen Orten, beispielsweise in den Fabriken, bei der Verwaltung, in der Feuerwehr, Polizei usw. Vor allem aber zu Hause.

Anbauschlacht
Anbauschlacht 1914-1918
(Quelle: Fotosammlung Stadtarchiv & Kläui Bibliothek Uster)
 

Not und Seuche
Die Baumwollindustrie erlebte dennoch einen unverhofften Aufschwung, da sie Garne teuer ins Ausland verkaufen konnte, wo sie dringend zur Herstellung von Decken, Verbänden und mehr gebraucht wurde. Je länger der Krieg andauerte, desto prekärer wurde die Lage an der Heimatfront. Die Familien wurden vom Arbeitgeber des Mannes nicht unterstützt, Sozialversicherungen gab es noch keine. Viele ärmere Familien gerieten in arge Not, als die Lebensmittel rationiert werden mussten und die Preise immer weiter anstiegen. Aufgrund ihrer Insellage im kriegführenden Europa gestaltete es sich schwierig, Waren in die Schweiz zu importieren. Auch in Uster mussten viele Familien mit Lebensmittelmarken und Suppenküchen unterstützt werden.

Am schwersten wurde das letzte Kriegsjahr 1918: Im Sommer brach die sogenannte spanische Grippe aus und befiel viele der von der Grenze heimkehrenden Soldaten, aber auch Frauen und Kinder zu Hause. So fielen auch in Uster zahlreiche Menschen der Grippe zum Opfer. Gleichzeitig spitzten sich die Gegensätze zwischen sozialistischer Arbeiterschaft und bürgerlichen Bundesbehörden zu.

Der Landesstreik
Besonders den Arbeiterfamilien ging es während des Krieges immer schlechter. Die Männer waren an der Grenze, ohne Verdienstausgleich und mit nur wenig Sold, den Daheimgebliebenen blieb nur wenig zum Überleben. Zum Kriegsende forderten die organisierten Arbeiter Erleichterungen, wie etwa die 48-Stunden-Woche, Sozialversicherung, AHV, Frauenstimmrecht und das Proporzwahlrecht. Die Regierung fürchtete von den meist tief roten sozialistischen Arbeiterorganisationen nichts anderes als einen Staatsstreich nach russischem Vorbild und reagierte mit einem hochgerüsteten militärischen Aufgebot in Zürich.

Der erste Tag des Arbeitskampfes fiel auf den Tag des Waffenstillstands in Europa am 11. November 1918. Die Zürcher Arbeiter-Union rief an jenem Tag zum Generalstreik auf, gefolgt vom sogenannten Oltener Komitee. Der Zürcher Generalstreik wurde zum Landesstreik, der drei Tage anhielt.

Im hoch industrialisierten Uster wurde am 7. November 1918 der Altkommunist Jakob Herzog verhaftet, weil er agitative Flugblätter an Soldaten verteilt hatte. Daraufhin begannen streikwillige Arbeiter aus der Ustermer Metallindustrie in solidarischem Protest ihre Arbeit bereits am 9. November niederzulegen. Bis zum 11. November weitete sich der Streik auf sämtliche industriellen Betriebe aus. Die Ustermer Arbeiterorganisationen veranstalteten auf Bahnhofstrasse und Bahnhofplatz Referate und Aktionen, um gegen die Militäraufgebote in Zürich zu protestieren. Der Gemeinderat richtete sich mittels Inserate an die organisierte Arbeiterschaft, sie möge Arbeitswillige nicht daran hindern ihrer Arbeit nachzugehen. Der Gemeinderat bezeichnete die Streikführer als «extreme Elemente» und verurteilte den Arbeitsstillstand heftig. Am 14. November schliesslich erklärte das Oltener Komitee den Abbruch des Streiks aus Furcht, einen Bürgerkrieg heraufzubeschwören.

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