18 Zwischenkriegszeit und zweiter Weltkrieg (1918 bis 1945)
Die Textilindustrie fiel nach dem Krieg und dem Streik wieder auf das Vorkriegsniveau ab, konnte sich aber halten. Für die wenige im Ort ansässige Seidenstickerei bedeutete das Ende des Krieges allerdings das Aus. Die Mode hatte sich geändert, gestickte Spitzen waren nicht mehr «in». Um 1925 war die Stickerei verschwunden. Dennoch zeigte sich in Uster der Fortschritt an vielen Orten.
Wirtschaftskrise und geistige Landesverteidigung
Die Eisenbahn war seit den 1920er Jahren elektrifiziert, ebenso die Strassenbeleuchtung in Nieder- und Oberuster. Alfred Zellweger hatte gerade seine neue Fabrik in Niederuster eröffnet, die neue zusätzliche Arbeitsplätze anbot. Vor allem aber zeigten sich auf den Strassen nun viel mehr Automobile als vor dem Krieg. Das Zeitalter der Kutschen war dem Niedergang geweiht. In den 1930er Jahren machte sich allerdings die Weltwirtschaftskrise in Uster bemerkbar. Die Arbeitslosenzahlen stiegen an, und die Gemeinde suchte nach Rezepten dagegen. Der als Reaktion zum Nationalsozialismus in Deutschland aufkommende Patriotismus im Zusammenhang mit der sogenannten geistigen Landesverteidigung unterstützte den Willen zur Wehrhaftigkeit gegenüber Nazi-Deutschland. Das zeigte sich im Bau von zahlreichen militärischen Bauten, die aber auch dem Zweck dienten, die Arbeitslosenzahlen zu reduzieren. In Uster wurden unter dieser Prämisse zwischen 1937 und 1939 die Zeughäuser errichtet sowie die «Landihalle» im Jahr 1941. Aber auch die Wasserung der «MS Heimat» auf dem Greifensee im Jahr 1933 gehört zum Kontext der damaligen heimatverbundenen Propaganda. Ein Schiff gleichen Namens gibt es nirgendwo sonst in der Schweiz. Das Schiff tut heute noch seinen Liniendienst zwischen Uster und Maur.
Anbauschlacht
Zwischen 1939 und 1945, so schien es, würde sich die Geschichte in Uster wiederholen: Die Männer mussten abermals zur Grenzsicherung eingezogen werden, die Frauen blieben zu Hause und versuchten, den Haushalt für sich und die Kinder zu besorgen. Die Lage war nun aber nicht mehr so prekär. Mit dem «Plan Wahlen», der sogenannten Anbauschlacht, war schon vor dem Krieg eruiert worden, welche Flächen sich zum Anbau von Kartoffeln und anderen Nahrungsmitteln eigneten. Ziel war es, die Schweiz autark, also unabhängig vom Ausland mit landwirtschaftlichen Gütern versorgen zu können. Auch wurden die Daheimgebliebenen nun finanziell besser unterstützt (Sozialversicherung), weswegen die grösste Not während des Krieges ausblieb.
Furcht und Erleichterung
Unangenehmer war die allgemein spürbare Furcht einer deutschen Invasion in den ersten Kriegsmonaten, die erst ab 1941 deutlich abnahm, als Frankreich erobert worden war und Deutschland sich auf die britische Insel konzentrierte. In Uster las man darüber höchstens in der Zeitung. Auswirkungen des Krieges bekam man hier fast nicht mit. Aber auch in Uster wurden gemäss dem Plan Wahlen Kartoffeln, Kohl und Rüben gepflanzt. Und zwar auf einer Wiese hinter der dritten Fabrik Zanggers von 1869 an der heutigen Seestrasse 3 (1969 abgebrochen). Auch an der Bahnstrasse auf einem freien Feld neben der ehemaligen Fabrik Zellwegers an der Neuwiesenstrasse 10 wurde angebaut. Die Schweiz verfehlte zwar ihr Ziel sich autark zu versorgen, aber eine Not wie zwischen 1915 und 1918 wurde dank der «Anbauschlacht» vermieden. Auch das örtliche Baugewerbe musste sich nicht einschränken; im Krieg wurden in Uster an der heutigen Poststrasse 13 ein erstes richtiges Kaufhaus errichtet und in der Pünt ein grosses Primarschulhaus.